Bedingte Teilhabe. Interaktive Praktiken der Differenzierung und Grenzziehung in interkulturellen Mediationen

Details

Projektleitung:

 

Förderung:

Europa-Universität Viadrina

Projektbeschreibung:

In ihrem Promotionsprojekt setzt sich Maria Klessmann mit Fragen sozialer Ausgrenzung von Rom*nja und Sinti*zze auseinander. Vor dem Hintergrund grenztheoretischer Überlegungen untersucht sie die sprachliche Organisation interaktiver Grenzziehungsprozesse. Empirische Grundlage der Studie bildet die europäische Initiative ROMED, kurz für Mediation for Roma, die sich der Bekämpfung von Diskriminierung und der Verbesserung von Teilhabe- und Partizipations­möglichkeiten der auch heute noch am stärksten ausgegrenzten ethnischen Minderheit Europas widmete. Die Initiative baute ein europaweites Netzwerk an Mediator*innen auf, die als Schnitt­stellen zwischen lokalen Rom*nja-Communities und öffentlichen Institutionen fungieren sollten. Über mehrere Jahre begleitete Maria Klessmann ROMED in Deutschland und legte dabei ein Augen­merk auf sogenannte Roma-Schulmediationen und Workshops von Community Action Groups.

Die verschiedenen Gesprächsformate bildeten ein komplexes und mehrsprachiges Gefüge, anhand dessen sich zwei grundlegende Perspektiven eröffnen: Einerseits wird Partizipation in der Interaktion untersucht. Also danach gefragt, wie die untersuchten Interaktionen so gestaltet wurden, dass Beteiligung für die Teilnehmenden möglich gemacht wurde. Den zweiten Schwer­punkt bildet andererseits die Perspektive auf das Sprechen über Partizipation und Teilhabe. Wie werden diese Themen in den Gesprächen adressiert, welches Wissen bringen die Interagierenden darüber ein oder stellen es gemeinsam her? Durch die Verschränkung der beiden Perspektiven konnte die Untersuchung zeigen, wie sich die mangelnden Beteiligungsmöglichkeiten auf die Ausgestaltung der Themen auswirkten. Die Rekonstruktion der interaktiv gefestigten Gesprächs­rollen, der her­gestell­ten Diskursmacht, des explizierten Wissens über institutionelle Praktiken sowie eines uni­direktionalen Integrations­verständnisses hat gezeigt, wie bereits bestehende vulnerable Positionen fort­geschrieben, soziale Grenzen stabilisiert und ungleiche Machtverhältnisse unter­mauert werden.

Die Studie zeigt zudem den Bedarf für differenzierte und differenzsensibilisierende Vermittlungs- und Beteiligungsformate im Zusammenhang gesellschaftlicher Ausdifferenzierung. Insbesondere Vermittelnde in Fragen von Teilhabe und Partizipation müssen für Differenz sensibilisieren und sensibilisiert sein. Daraus erschließt sich wiederum, wie die Partizipation von Selbstorganisationen im Umgang mit Behörden sowie Schüler*innen und ihren Eltern im Umgang mit Lehrkräften verbessert und die Positionen Diskriminierungsbetroffener gestärkt werden können.

 Die Dissertation erscheint 2025 im NOMOS Verlag in der Schriftenreihe Border Studies. Cultures, Spaces, Orders.

 

Dr. des. Maria Klessmann

Akademische Mitarbeiterin, Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION

Instagram: @grenzgewalt