Neues Projekt: Vergeschlechtlichung Von Asylinfrastrukturen (Dr. Marija Grujić)

Zum 1. April 2024 startete am Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION ein neues, von der DFG im Walter Benjamin-Programm für 24 Monate gefördertes Drittmittelprojekt.

Das Forschungsvorhaben wird von Frau Dr. Marija Grujić (Professur für Vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie der EUV)
durchgeführt und befasst sich mit dem Thema
VERGESCHLECHTLICHUNG VON ASYLINFRASTRUKTUREN.
Mobilisierung von Sensibilisierung zu Geschlecht, sexueller Orientierung und Gewalterfahrungen in Europa nach 2014.

Vielfältige wissenschaftliche Erkenntnisse über die zentrale Bedeutung von Geschlecht im Asylkontext und der Aufnahme von Geflüchteten geben Aufschluss darüber, wie eine Reihe von sozialen Fragen in Bezug auf Frauen und LGBTIQ+-Personen in Asylkontexten wahrgenommen und behandelt werden. Dabei bleibt jedoch häufig die Komplexität der alltäglichen Aspekte der Mobilisierung von geschlechts- und sexualitätsbezogener Sensibilisierung und Gewalterfahrungen innerhalb der Asylinfrastrukturen (z.B. Bewertung, Aufnahme, Beratung) unbeachtet. Dieses Projekt erforscht, wie das verantwortliche Asylpersonal im Umgang mit Asylbewerber*innnen von ihrem Verständnis der Verflechtungen zwischen Geschlecht, Sexualität und Gewalt beeinflusst wird. Der Schwerpunkt liegt auf der Mobilisierung von Geschlechterordnungen und Ansichten über Weiblichkeit/Männlichkeit, insbesondere im Rahmen der Bewertung von „besonderem Schutzbedarf“ und „Vulnerabilität“, für die die zuständigen Akteur*innen digitale Instrumente einsetzen, um Gleichbehandlung und Schutz zu fördern. Auf der Grundlage qualitativer Forschung über die Mobilisierung von Geschlecht, Sexualität und Gewalt bei der Bewertung und Aufnahme von Asylbewerber*innnen in Deutschland, geprägt von der Adaption von EU-Schutzmechanismen, und im Vereinigten Königreich, mit Blick auf die Veränderungen nach dem Brexit und des dortigen „Hostile Environment“, werden prominente Narrative über die Verflechtungen herausgearbeitet, die im Zusammenhang mit den häufig abweichenden Diskursen über Männer als Bedrohung und Frauen als anfällig für Gewalt stehen. Mit Bezug auf Theorien zu Geschlechterordnungen werden Vorstellungen von Weiblichkeiten/Männlichkeiten in offiziellen Richtlinien und im geschlechtersensiblen Vorgehen im Asylverfahren in der alltäglichen Praxis untersucht. Dabei greift das Projekt auch auf die kritische Migrationsforschung zur Kolonialität von Migration, Intersektionalität sowie dekoloniale Ansätze zurück. Neben der feministischen Kritik an Geschlechterordnungen in Zwangsmigration und internationalem Schutz wird die Nutzung digitaler Technologien in Asylinfrastrukturen theorisiert, u.a. auf der Grundlage kritischer soziologischer und anthropologischer Studien zur Asylaufnahme. Das Projekt wird erforschen, wie geschlechtersensible Verfahren eingeführt und durch Interaktionen zwischen Asylpersonal und Asylbewerber*innnen verändert werden und was es bedeutet, Vulnerabilität zu bewerten sowie Geschlecht und Sexualität durch eine Perspektive der Gewalt wahrzunehmen.

 

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektwebseite.