Forschungsgruppe "European Challenges: Technologischer Wandel und Re-Arrangements von Migration und Arbeit"
Bestandsaufnahme und Potential-Analyse von Grenzscouts im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Grenzscout-Studie)
Projektleitung:
- Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast (Direktorin, Europa-Universität Viadrina)
- Prof. Dr. Aristotle Tympas, National and Kapodistrian University of Athens
Projektbearbeiter:innen:
- Dr. Norbert Cyrus (Akademischer Mitarbeiter, Europa-Universität Viadrina)
- Dr. Falk Flade (Akademischer Mitarbeiter, Europa-Universität Viadrina)
- Prof. Dr. Klaus Weber (Lehrstuhlinhaber, Europa-Universität Viadrina)
Drittmittelgeber:
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (Seed Money-Förderung)
Projektlaufzeit:
Januar 2017 bis Dezember 2018
Publikationen:
Jajeśniak-Quast, Dagmara / Szajbel-Keck, Małgorzata (Hrsg.):„Was sind Polenstudien? 13 Antworten“ / „Czym są Studia o Polsce? 13 odpowiedzi“ (Interdisciplinary Polish Studies, Band 5), Berlin: Epubli, 2018.
Arapostathis, Stathis / Tympas, Aristotle (Hrsg.):„Special Issue: History of Technology in Greece, from the Early 19th to 21st Century“ (History of Technology 33), London [u.a.]: Bloomsbury Academic, 2017.
Flade, Falk:„Energy Infrastructures in the Eastern Bloc: Poland and the Construction of Transnational Electricity, Oil, and Gas Systems“ (Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Ostmitteleuropas, Band 26), Wiesbaden: Harrassowitz, 2017.
Müller, Uwe / Jajeśniak-Quast, Dagmara (Hrsg.):„Comecon revisited. Integration in the Eastern Bloc and Entanglements with the Global Economy“ (Comparativ – Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung, Band 2017 5/6), Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2017
Working Paper Series "Arbeit | Grenze | Fluss", hg.v. Jochen Koche, Eva Kocher und Klaus Weber
Projektbeschreibung:
Untersuchungsobjekt
„European Challenges“ möchte Forschungsprojekte initiieren, die Prozesse von Arrangement und Re-Arrangement im Bereich von Migration und Arbeit untersuchen, wobei insbesondere der Einfluss von Technologie berücksichtigt werden soll. Das Projekt soll neue Erkenntnisse zu damit verbundenen Spannungen bereit stellen, die vor allem mit der Wechselwirkung zwischen Grenze und Ordnung in Zusammenhang stehen. „European Challenges“ identifiziert und interpretiert Entwicklungen im Bereich von Migration und Arbeit, die etablierte soziale Routinen und damit Ordnungen in Europa in Frage stellen. In historischer Perspektive stand Europa bereits vor solchen Herausforderungen. Alle bedeutungsvollen (Re-)Arrangements traten in Verbindung mit grundlegenden Transformationsprozessen (moderner Nationalstaat, urbane Infrastrukturen, Wohlfahrtssystem) sowie noch nicht dagewesener Gewalt ein. Natur und Ausmaß heutiger Spannungen (soziale Ungleichheit im Innern, Migration von außen, ökologische Belastung) erinnern an Spannungen, die im Zuge der Industriellen Revolution sowie der Nationalbewegungen im 19. Jahrhundert auftraten. Es scheint unmöglich, dass diese Spannungen durch eine Adaption oder Anpassung des derzeit bereitstehenden politischen Rahmens gelöst werden können. Die Analyse von in der Vergangenheit akzeptierter (Re-)Arrangements kann einen Beitrag zur Identifikation und Untersuchung von Bruchstellen im heutigen Ordnungsgefüge leisten.
Theoretischer Ansatz
Das Konzept „Technologie“, das im Hinblick auf seine sozioökonomischen Auswirkungen ja selbst ambivalent ist, umfasst materielle und soziale Formationen (Hughes/Mayntz 1988; Tympas 2015). Das Konzept entstand im frühen 20. Jahrhundert zusammen mit der Kulmination der Industrialisierung in Fordistischen Arrangements zur Fabrikarbeit sowie der damit zusammenhängenden Entstehung von Massengesellschaften, Wohlfahrtsstaaten, dem Wandel von Familienstrukturen usw. (Kohlrausch/Trischler 2014; Kaiser/Schot 2014). Zur Vermeidung von technologischem Determinismus, das heißt der Vorstellung, dass Technologie der Hauptantrieb sozialen und kulturellen Wandels sei, wird der „Technologie“-Ansatz durch das Konzept von „Arrangements“ erweitert. Dieses Konzept spielt bewusst mit der Doppeldeutigkeit des Begriffs, der die Bedeutungen Ordnung und Übereinkunft umfasst. Das Konzept verdeutlicht, dass Ordnungen als ein Ergebnis von Grenzdemarkationsprozessen oft missverstanden werden als einseitige Top-Down Prozesse. Tatsächlich ist immer auch ein gewisses Maß an Akzeptanz von unten im Aushandlungsprozess involviert. In diesem Sinne werden Ordnungen verstanden als Arrangements, die aus dem Kräfteringen zwischen involvierten Akteuren hervorgehen. Diese Akteure wiederum orientieren sich selbst an ihren eigenen Werten und Interessen. Die Stabilität oder Fragilität so entstehender Ordnungen beruhen darauf, in welchem Ausmaß diese Akteure mit der entstehenden Ordnung zurechtkommen – zumindest in Form latenter Akzeptanz. Eine prekäre Stabilität solcher Arrangements wird durch tägliche Kooperation erreicht. Diese bleibt stabil, wenn Akteure die situationsspezifische und arenaspezifische Ordnung akzeptieren, die trotzdem durch Spannungen und Widersprüche gekennzeichnet sein kann. Arrangements müssen verstanden werden als Kompromisse, die offen für immanente Kritik sind. Die Anwendung und Adaption der beiden Konzepte „Technologie“ und „(Re-)Arrangements“, die wir „Technologie-Arrangement-Nexus“ nennen, kann zu neuen, relevanten Einsichten im Bereich von Migration und Arbeit führen. Auf diese Weise möchte das Projekt dazu beitragen, zumindest einige der bestehenden Probleme zu überwinden, mit denen Europa derzeit konfrontiert ist.